Die EL GRECO IV, ein Segelkatamaran vom Typ Lagoon 450, ist bereit für einen spannenden nächsten Törn. Diesmal soll es von der Insel Samos an der türkischen Westküste hinauf nach Istanbul gehen. Schiffseigner und Skipper Felix Forster wartete auf die Komplettierung der Crew, aber nun ist es soweit und schon kann es losgehen.

Mit von Partie ist Christian Haidinger; er wird uns von unterwegs berichten und so können wir weitgehend aktuell oder später nachlesend an den Erlebnissen teilhaben. Die weiteren Crewmitglieder werden uns sicher in Kürze schriftlich oder bildlich bekannt gemacht werden.

Eben wurden die Uhren auf Sommerzeit umgestellt, das heißt Frühling, Sonntag der 26. März 2023. Für das Revier des Yachtclub Braunau-Simbach (die beiden obigen Seebären sind prominente Mitglieder dieses Seglervereins) am unteren Inn ist ein Wintereinbruch prognostiziert, aber kein Problem, wir beginnen ja in der östlichen Ägäis und nun ist der erste Bericht von dort zugegangen und laufend folgen weitere. Der aktuellste Eintrag steht jeweils voran, also gestürzte Reihenfolge – siehe unten aufgefädelt!


Nun aber schreiben wir den 9. 4. 2023 – es ist Ostersonntag und die Berichterstattung zu „Von Samos nach Istanbul“ ist abgeschlossen. Berichterstatter Christian Haidinger bedankt sich vom Galataturm in Istanbul bei der Surfgemeinde für‘ Dabeisein.

Seitens des YCBS geht ein herzlicher Dank für das Miterleben an den Skipper und Eigner der El Greco IV Felix Forster, an unseren Ehrencommodore für die spannenden tagesaktuellen Geschichten und an die gesamte Crew für die vielen bunten Bilder.


Törnberichte Samos-Istanbul

von Christian Haidinger



Sonntag 09.04.2023: Ein Osterfrühstück auf der El Greco IV zum Abschluss

Alles hat ein Ende – wir wünschen zum Ausklang:

Allen YCBS-Mitgliedern und Segelfreunden recht FROHE OSTERN !
~

 


……


….
Samstag 08.04.2023: Istanbul und zahlreiche weitere Highlights 

Für den Samstag war der große Besichtigungstag angesagt und unser Fremdenführer Hikmet kam überpünktlich und bekam an Bord noch einen Kaffee. Er ist in Stuttgart aufgewachsen, spricht dadurch bestens deutsch und daneben aber auch noch griechisch. Mit einem Kleinbus ging es in die Altstadt. Am Weg dorthin gab es schon einiges interessantes zu berichten.

Die erste Station war die Hagia Sophia, jene bis zum Bau des Petersdoms größte Kirche der Christenheit, die unter Kaiser Justinian im Jahre 537 fertiggestellt wurde. Der Bau der Kuppel war eine für damalige Zeit, in der das restliche Europa unter der Völkerwanderung stöhnte, eine unglaubliche Leistung. Konstantinopel war damals die oströmische Kaiserstadt mit ungeheurem Luxus und galt als uneinnehmbar.

Die Vermutung von mir wurde bestätigt, dass die Hagia Sophia (heilige Weisheit) nach der Erstürmung durch die Türken, wodurch diese zur Moschee wurde, als Vorbild für alle großen Moscheen gelten sollte. Man sieht das auch heute sehr gut, wenn man ihre Kuppel und die Halbkuppeln mit der danebenstehenden blauen Mosche vergleicht. 1933 wandelte Kemal Atatürk die Hagia Sophia in ein Museum um und 2020 machte sie Erdogan wieder zur Moschee. Hikmet fand diese Sache nicht wirklich gut. Man muss nun zwar keinen Eintritt mehr zahlen, dafür muss man sich aber eine Dreiviertelstunde lang anstellen, wenn man hinein will – und das auch als Kleingruppe mit Führer. Aber es lohnt sich, denn im Inneren ist der Eindruck noch gewaltiger als außen. Lasst uns Bilder sprechen (sh. unten).

Die Große Zisterne stand zwar nicht auf unserem Programm, aber Annemarie sprach Hikmet an und er sagte: „Ja ist nicht dabei, aber ich kann es organisieren!“. Es war ein weiteres beeindruckendes Erlebnis. Eine Kathedrale des Wassers. Darüber hinaus gab es in Konstantinopel noch über 20 weitere Zisternen und eine Wasserversorgung, die noch besser war als die in Rom.

Nun kam der Topkapi-Palast, die Residenz des Sultans, an die Reihe: orientalisch und teilweise an die Alhambra in Granada erinnernd. Im Turm der Gerechtigkeit war das Oberste Gericht untergebracht. Laut Hikmet gab es im osmanischen Reich, welches vom Balkan bis über Nordafrika reichte, die Möglichkeit Einspruch gegen einen Gerichtsentscheid einzulegen und jeder konnte das in Anspruch nehmen. Im Obersten Gericht entschied nicht der Sultan, sondern die Regierung. In der christlichen Welt entschied der Fürst endgültig.

Abschließend besuchten wir noch eine kleine Zisterne in einem privaten Haus, in dem Rekonstruktionsmodelle des Hippodroms und verschiedene Bilder von Rekonstruktionen Konstantinopels zu sehen waren. 

Die Rückfahrt entlang der westlichen zum großen Teil noch erhaltenen Theodosianischen Stadtmauer gab uns einen großartigen Eindruck auf die Verteidigungsanlagen des alten Konstantinopel, das erst im 15. Jahrhundert mit der Eroberung durch die Türken unterging.


Reges Besuchertreiben vor und um die Hagia Sophia.


Die Hagia Sophia – einst größte Kirche der Christenheit, dann Moschee, später Museum, ist nun wieder Moschee.


Die Cisterna Basilica, auch Versunkener Palast genannt, ist eine spätantike Zisterne westlich der Hagia Sophia.


Eine Besichtigungspause für den „Griechen“ (El Greco) und seine Frau.


Wir steuern zusammen mit vielen weiteren Besuchern den Topkapi-Palast an.


Der Topkapi-Palast war jahrhundertelang der Wohn- und Regierungssitz der Sultane


~


~


~


Beim Obelisken (Hippodrom) am Sultan-Ahmet-Platz.


Die Theodosianische Mauer – eine einst rund 20 km lange Befestigungsanlage zum Schutz von Konstantinopel.



Freitag 07.04.2023: Istanbul mit allen Sinnen

Schön langsam begann der Tag. Er war leider wieder einmal grau in grau. Schön langsam kamen auch die Crewmitglieder auch aus ihren Kojen. Das Frühstück gab es im Lokal und das dauerte seine Zeit. Und wiederum schön langsam wurde es nun doch Zeit Richtung Bahnhof zu gehen, um mit den Öffis zur Ablegestelle des Ausflugsschiffes für die gebuchte Bosporusfahrt zu kommen.

Der Zug war dann aber echt schnell und interessant. Keine abgeschlossenen Waggone, sondern der ganze Zug war von vorne bis hinten offen und ein langer Schlauch. Die Trambahn kam auch schnell, endete aber mehrere Stationen vor der Anlegestation. Ein Baugerüst war eingestürzt und damit war die Strecke über die Galatabrücke gesperrt. Wir mussten auf ein Taxi umsteigen, das aber dann im Stau stand. Kurz vor 12 Uhr, dem Ablegetermin, waren wir aber dann doch da.

Die Schifffahrt führte uns durch den gesamten Bosporus und an die Brücke vorm Schwarzen Meer. Es gab jede Menge Fotomotive. Die nachfolgenden Bilder sprechen für sich (sh. unten).

Um ca. 16:30 waren wir zurück und dann ging es zur Galatabrücke, um in der Abendsonne in einem der Lokale Abend zu essen. Ein schöner Sonnenuntergang und eine herrliche Abendstimmung gab es zur Nachspeise als echten Genuss.


….
M&S  Christian

Posporus-Impressionen:


Blick zur asiatischen Seite


Letzte Brücke vor dem Schwarzen Meer


Blick ins Schwarze Meer


Traditionelles Holzhaus

Luxusvillen vor Osmanischer Festung auf der asiatischen Seite


Osmanische Festung auf der europäischen Seite


Skyline der Altstadt


Abend am Goldenen Horn
….



Donnerstag 06.04.2023: Istanbul mit Bosborus-Fahrt und Crew-Verstärkung

Endlich weckte die Sonne die Crew am Morgen – was für eine freudige Überraschung. Das war das richtige Wetter um Frühstücken zu gehen. Vor dem Lokal schliefen noch die Straßenhunde. Die El Greco Crew machte einen kleinen Umweg um sie, da man schlafende Hunde ja nicht wecken sollte. Das Frühstück war sehr ordentlich. Wir ließen uns Zeit.

Um 11 Uhr war der Agent angesagt, der den Crewwechsel erledigen sollte. Er kam dann mit der ortsüblichen Zeitabweichung, so zirka 45 Minuten später, Handy telefonierend an Bord. Seine Englischkenntnisse waren als rudimentär zu bezeichnen und Felix verständigte sich weitgehend mit der Google Übersetzer-App. Nach 5 Minuten war der Agent wieder weg, um die Fäkaltanks absaugen zu lassen und zum Crewwechsel wieder zu erscheinen.

So, nun war es aber soweit, die Absaugstation für unsere Fäkaltanks anzulaufen, denn der Nachweis mittels blauer Karte wird beim Ausklarieren vorgezeigt werden müssen. Ich war der Absaugbeauftragte und bedankte mich beim Ablegen ordnungsgemäß und sehr passend mit Gülle Gülle beim Mann an der Saugstation.

Nun ging es mit der El Greco Richtung Altstadt. Kurz nach passieren des ersten Kaps konnte man schon in leichtem Dunst, aber in voller Sonne, die blaue Moschee und die Hagia Sophia  erkennen.

Die Fahrt wurde zu einem echten Highlight, denn am eigenen Kiel, wenn er auch zwar der von den Forsters war, direkt an der Altstadt vorbei in das Goldenen Horn zu fahren, war schon ein echtes Erlebnis. Die Handys glühten und mein Fotoapparat klickte fleißig.

………………
Die Hagia Sophia, die einst christliche Kirche, eingeweiht zu Weihnachten 537 unter Kaiser Justinian, welcher nach dem Untergang Westroms das Römische Reich nochmals fast wieder in alter Größe hergestellt hatte, stand unglaublich schön vor uns.

……
Man brauchte nur zum Vergleich die blaue Moschee daneben ansehen und man erkennt, dass sie das Vorbild aller großen Moscheen des Islam wurde. Auch sie wurde nach der Eroberung Konstantinopels durch die Osmanen 1453 zur Moschee. Atatürk wandelte die Hagia Sophia im Jahr 1955 zum Museum um. Dass sie Erdogan 2020 wieder zur Moschee machte, das war für Europa nicht sehr verständlich.

An der Nordseite des Goldenen Horns, an Backbord den Galataturm in Sicht, bog dann Felix einfach auch noch in den Bosporus ein. Es ging, zwar außerhalb des Verkehrstrenngebietes, in Richtung Europabrücke. Man hatte das Gefühl, ohne weiteres jetzt auch bis zum Schwarzen Meer weiterfahren zu können – niemand nahm Notiz von der El Greco.

Da das aber für den morgigen Tag mittels Ausflugsschiff vorgesehen war, ging es nun doch wieder zurück, da sich das Wetter auch einzutrüben begann.

Das Anlegemanöver in der engen Parklücke der Ataköy Marina ging schon wie geschmiert und erledigte die Crew bereits bestens eingespielt mit links. Nun war Einkauf angesagt, denn die Crew sollte ja mit den Brandys, also Annemarie und Ferdinand Verstärkung bekommen.

Nach der Rückkehr, wo bereits das Pärchen erwartet wurde, erfuhren die Wartenden, dass es noch länger, nämlich bis ca. 20:15 bis zum Eintreffen dauern würde. Das Lokal des Vortags war reserviert und es wurde eben die Ankunft um eine Stunde verschoben. 

Kurz nach 20 Uhr fuhr bei strömendem Regen ein Taxi vor und die Brandys waren da. Nur schnell das Gepäck ins Trockene und gegenüber ins Speiselokal. Danach wurden im gut beheizten Salon alte Geschichten von der Überstellung der El Greco nach dem Kauf erzählt. Stilgerecht – es war ja nun Ferdl an Bord – gings erst kurz vor Mitternacht in die Kojen.

MuS

Christian 



Mittwoch 05.04.2023: von Büyükcekmece nach Istanbul / Ataköy Marina

Der letzte Seetag brach etwas später an. Es regnete leicht und alles war in eintöniges dumpfes Grau gehüllt. Der Gang aus dem Salon ließ mich zusammenzucken, denn auf 9 Grad Frühtemperatur war ich nicht vorbereitet, als ich als erster aufstand. Schön langsam, nach und nach, kamen alle zwischen 8 und 9 Uhr aus den Kojen. Da der Tankwart erst um 12 Uhr erscheinen sollte, wurde das Ablegen zur Tankstelle auf 11:30 verlegt. Also ausreichend Zeit, damit die Lammkeule für die Folgecrew vorbereitet werden konnte. Zuerst scharf angebraten und dann  ins neue Backrohr zum Durchgaren.

Der Tankwart erschien, für lokale Verhältnisse fast pünktlich, kurz nach 12:30. Wir lagen da schon eine Stunde an der Tankstelle.

Ich hatte sogar Zeit, den ausgelösten Knochen noch vollständig abzufieseln und dabei den alten Stelzhamerspruch „s‘ Gras beim Stoa und s‘ Fleisch beim Boa is des bessa was i moa“ zu bemühen. Nun ging es mit 18 Meilen auf die letzte Etappe zur Ataköy Marina.

Jede Menge Schiffsverkehr und Ankerlieger auf Reede. Der reinste Spießrutenlauf oder nautischer Slalom war abzuwickeln. 

Vorbei am großen Containerterminal und an so manchem Sperrgebiet erreichten wir schlussendlich die Ataköy Marina.

Das Personal meldete sich vorerst einmal nicht am Funk. Nach mehreren Versuchen kam ein Schlauchboot mit 2 Mann und führte uns in das praktisch leere Megayacht-Becken. Dort wies uns einer an anzuhalten und begann mit seinem Handy zu telefonieren. Danach war alles anders. Wieder zurück hinaus und in das alte Marina-Becken, wo wir einen so engen Platz zugewiesen bekamen, dass Felix am hineinkommen zweifelte. Mit Hilfe beider Maschinen und der Fender machten wir uns den Platz dann so breit, dass wir gerade hinpassten. Da steckten wir fest wie in einem 30 Jahre alten Anzug, weder Festmacher noch Muring wären notwendig gewesen.

Die Marina zeigte sich riesig und alt. Die WC-Anlagen waren in einem Container und wohl aus dem Jahre Schnee. Die Duschen fand ich am anderen Ende des Hafenbeckens und der Zustand veranlasste mich schon geruchsmäßig von einer näheren Besichtigung Abstand zu halten. Körperpflege wurde daher an Bord empfohlen.

Zum Abendessen hatten wir aber nicht weit, praktisch über die Marinastraße hinein in ein sehr schön gedecktes Fischlokal, das keine Wünsche offen ließ. Felix testete seinen Google-Übersetzer, was dazu führte, dass ein Kompliment an die Küche so gut ankam, dass wir gratis Tee und schön aufgeschnittene Früchte vom Haus bekamen. Den Schnaps vom Haus gabs dann an Bord, wo tüchtig eingeheizt wurde. Außentemperatur um 22 Uhr 8 Grad. Na dann gute Nacht!

Mast- und Schotbruch

Christian



Dienstag 04.04.2023: ein Hafentag in Büyükcekmece 

Dieser Tag wurde als Hafentag eingeschoben. Eine ordentliche Marina und keine große Entfernung mehr nach Istanbul machten Sinn, um etwas zu relaxen und sich die Stadt etwas anzusehen.

Zuerst ging es der Strandpromenade entlang zum Frühstück. Da war nicht viel offen und wir fielen in ein Cafe ein, das aber dann doch nicht wirklich ein Frühstück bot, das uns geschmeckt hätte. Einzig das Turkish Omlet des Skippers war angeblich in Ordnung. Der Toast mit Fritten aus altem Fett wurde mir von Gabi und insbesondere von Lisa so lange madig gemacht, bis selbst dem Allesfresser grauste.

„Also dann schauen wir einmal, ob es in der Cafe Lounge Lax“ – ja tatsächlich, das Cafe trug den gleichen Namen wie unsere Mitseglerin Lisa – „besser sei.“ Schon war der zweite Kaffeehausbesuch des Tages dran. Der Cappuccino und der Caffelatte der Damen war ansprechend, der Türkische Kaffee von mir in Ordnung. Besonders gut war aber, dass es einen Zuckerschub für Felix gab.

In Büyükcekmece, das ja bereits ein Stadtteil Istanbuls ist, gibt es ein historisches Bauwerk, die Kanuni-Sultan-Süleyman-Brücke. Diese wurde 1567 erbaut und ist immerhin 636 m lang. Sie überquert den letzten Einschnitt der Bucht.

Etwas dahinter liegt ein hoher Damm und ein großer Speichersee. Der Weg dorthin war aber für uns ein leichter Hindernislauf, weil die Marina riesig ausgebaut wird und die Baustelle einen Umweg verursachte. Zum bisherigen Hafenbecken entsteht bereits ein zweites und die ohnehin schon aufwendige Bebauung wird zumindest verdreifacht.

Der Weg führte an einer unglaublich stark befahrenen und damit ungeheuer lauten Autobahn entlang.

Nun ja, ob der Spaziergang die Brücke wert war, das wollen wir den Berichtslesern überlassen. Für mich waren die Bauarbeiten an der mittelalterlichen Brücke, mit dem der Bauzeit entsprechenden Gerüsttransport, als Kontrapunkt zur riesigen Marinabaustelle, doch sehr belustigend.

Gabi und Felix wollten danach einen weiteren Kaffeehausbesuch machen, Lisa wollte relaxen und ich duschen, daher blieben wir an Bord.

Das schon traditionelle Abendessen mit vielen unterschiedlichen Köstlichkeiten und das gemeinsame Ausklingen an Bord um die Blaue Stunde herum beschloss den Tag in Büyükcekmece.

Christian



Montag 03.04.2023: von Silivri nach Büyükcekmece 

Die an diesem Montag anstehende Etappe war eine echte Herausforderung. Nicht nautisch, denn es waren nur rund 15 Seemeilen, nein sprachlich. Der Zielort, angeblich mit einer ziemlich neuen Marina, war mit Büyükcekmece ein echter Zungenbrecher.

Es konnte ausgeschlafen werden und auch der Morgen lud nicht richtig zum Aufstehen ein. „Wenn ich aus dem Fenster schau, dann ist alles grau in grau!“ dachte ich mir treffend. Immerhin war nun die Welle weg und das Schiff lag ruhig, was ebenfalls zum Weiterschlafen anregte. Der Liegeplatz war aber auch wirklich total offen.

Zuerst wurde einmal ordentlich gefrühstückt, es regnete ja noch immer leicht. Als gegen 11 Uhr dann der Regen aufhörte, ging es ans Ankerprozedere. Da war ja nun auch der Heckanker, der unsere Büge in die Welle hielt. Also zuerst beim Heckanker mehr Leine stecken, damit der Hahnepot am Hauptanker geborgen werden konnte. Das musste aber so straff erfolgen, dass die Heckankerleine nicht Gefahr lief, mit dem laufenden Steuerbordpropeller eine innige Vereinigung einzugehen. Schiffspropeller haben die unangenehme Eigenschaft, lose Leinen – so wie lose Frauenzimmer – für innige Vereinigungen zu holen. Ich war da praktisch der Sittenwächter am Heck, während Felix am Bug die Kette des Hauptankers bis zum Schäkel des Hahnepots hochholte. Nun konnte das übliche Prozedere wie beim Einrumpfer abgearbeitet werden. Buganker fieren und gleichzeitig Heckanker – natürlich wieder unter straffer Ankerleine – einholen. Der Heckanker saß ordentlich fest und musste mit Winschenkraft ausgebrochen werden. Reiner Sandgrund, das war dann am Anker zu erkennen, hatte für Haltekraft gesorgt. Nun Buganker hoch und ab ging es Richtung – Achtung Zungenbrecher –  Büyükcekmece.

Die Küste zeigt sich hier schon geschlossen bebaut und man merkte, dass wir schon im Nahbereich von Istanbul waren. Die Bucht von Büy…… war deutlich größer und tiefer als erwartet und die bald in Sicht kommende Marina riesig und kaum belegt.

Zwei Marineros in ihrem Schlaucherl kamen uns entgegen. Den Hinweis, dass wir zur Absaugestation für unsere Holding Tanks wollen, führte dazu, dass sie uns an die Außenmole dirigierten, wo wir längsseits festmachen sollten. Da sah man nun tatsächlich einen Anschluss, welcher zum Absaugen geeignet hätte sein können. Dann wurde der Skipper ins Schlauchboot gebeten und zum Marinabüro gefahren. Dort gab es eine Dame mit Englischkenntnissen. Schlussendlich ging es dann doch, wiederum ohne Absaugen (does not work), an den Schwimmsteg, an dem wir dann sicher gegen den zu erwartenden Nordwind für die nächsten zwei Tage liegen sollten.

Es folgten der obligate Kaffeehausbesuch, mit der schon wieder notwendigen Zuckerdosis für den Skipper und ein ausgedehnter Spaziergang entlang der sehr schön hergerichteten Strandpromenade. Aufziehende dunkle Wolken riefen uns dann aber zu einem schnellen Rückzug auf. Im Marinalokal gab es dann ein herrliches Mese-Essen – viele kleine Tellerchen mit lauter unterschiedlichen kalten und warmen Köstlichkeiten, das auch seinen Preis hatte. Nicht nur auf Grund des sicheren und sehr ruhigen Liegeplatzes, sondern auch finanziell erleichtert schliefen wir ein.

Christian



Sonntag 02.04.2023: von Pasalimani nach Silivri 

Keine Gnade gab es auch am Sonntag. Um 07:40 ging der Anker vor Pasalimani Adasi hoch. Felix wollte auf die nördliche europäische Seite wechseln, bevor der angesagte Nordwind einsetzen würde und wir dann gegenan kämpfen müssten. Es war ruhig und der Anker hatte im perfekten Sandgrund in der Nacht tatsächlich wenig zu tun gehabt.

Die Überfahrt von rund 50 Seemeilen führte durch das Verkehrstrenngebiet, auf dem auch momentan relativ wenig los war. So kreuzte Felix das Gebiet hinter zwei westgehenden Frachtern und dann war weit und breit nichts zu sehen.

Vor dem Tagesziel Silivri, einer Stadt mit ca. 150.000 Einwohnern, welche bereits zum Kreis Istanbul gehört, lag ein großer roter Kabelleger mit dem Namen Optimus Prime. Die Information im Vessel Finder sagt dazu, dass es sich um ein 80 m langes und 18 m breites unter türkischer Flagge fahrendes Forschungsschiff handelt. So wie es ausgerüstet ist, könnte man damit auch Öl suchen bzw. Kabel oder Pipelines legen. Aber darüber schweigt sich die Plattform genauso wie über Heimathafen und Tiefgang aus.

Es wurde also der große Hafen von Silivri angelaufen. Ich, am Steuerbordrumpf Ausguck haltend, erlebte plötzlich eine Situation wie bei einer Vollbremsung. Es beschleunigte mich voll nach vorne. Gerade noch vor dem Bugkorb konnte ich meinen unfreiwilligen Laufschritt abstoppen. Ein fragender Blick zu Felix und ein „was ist los“ wurde von diesem mit „wir stecken fest“ beantwortet. Eine Sandbarriere mitten in der Hafeneinfahrt hatte das Einlaufen jäh gestoppt. Die Seekarte sprach aber von ausreichender Tiefe. Mit 2000 Umdrehungen rückwärts kamen wir aber problemlos wieder frei. Da liegt ein Forschungsschiff mit Bagger und allem möglichen vor dem Hafen und die Hafeneinfahrt ist versandet. Eine anschließende Rundfahrt im Hafen zeigte trotz zweier großer Hafenbecken keinen einzigen geeigneten Ankerplatz. Felix entschloss sich daher vor dem Hafen bei noch immer leichtem Südwind frei zu ankern.

Am Nachmittag landeten Gabi und Felix mittels Beiboot an und erkundeten die Stadt. Gleichzeitig erledigten sie den Einkauf und luden die Vodafon-Internetkarte auf, sodass dann auch noch etwas für die Rückfahrt reichen sollte. Ein Lokal zum Abendessen wurde auch gefunden. Die beiden berichteten nach der Rückkehr zur El Greco von einer durchaus ansprechender Stadt und von jeder Menge Leute, die trotz Ramadan unterwegs waren.

Der Wind nahm wieder etwas zu, blieb aber auf Süd. Wir brachten einen Heckanker aus, um den Katamaran gegen die Wellen zu stabilisieren. Bei der Transferfahrt zum Abendessen wurde für gute Lastverteilung am Beiboot gesorgt und Felix konnte endlich wieder einmal ordentlich Gas geben.

Das anvisierte Lokal war noch fast leer und der gut englisch sprechende Kellner erklärte: „sorry for ramadan, I can not serve alcohol!“.

Die Speisen wurde alle erklärt und dann wurde kräftig bestellt.

Gleichzeitig bereitete sich eine Musikgruppe vor, die das Fastenbrechen anscheinend musikalisch untermalen sollte. Eine kleine, für europäische Ohren leicht gewöhnungsbedürftige, Kostprobe des Dargebotenen gibt es durch Anklicken. Dafür bog sich der Tisch wieder vor unterschiedlichen Vor- und Hauptspeisen, die leider wie immer gemeinsam serviert wurden.

Die Rückfahrt bereitete bei nun nochmals zugenommenem Wind und dadurch hoher Wellen keinen wirklichen Spaß. Felix muss mit Standgas fahren, sonst hätte er das Dinghi in eine Badewanne mit vier Insassen verwandelt. Richtig herausfordernd war aber der Überstieg vom Schlaucherl auf das Schiff. Das Beiboot und das Heck der El Greco verhielten sich wie gegenläufige Paternoster-Aufzüge und es erwies sich nachträglich als sehr gut, dass zuvor kein Alkohol ausgeschenkt worden war.

Das Beiboot wurde an den Davits angehoben und fixiert. Der Heckanker war nochmals etwas nachzuziehen und damit waren die Stampfbewegungen des Schiffes für die Bewohner im Salon durchaus auszuhalten. Gegen 22 Uhr, es war etwas ruhiger geworden, wurden Track-Aufzeichnung und Ankeralarm gesetzt und dann gings in die Kojen, wo alle schnell in den Schlaf geschaukelt wurden.

Christian



Samstag 01.04.2023: von Canakkale zur Insel Pasalimani im Marmarameer
 

Wieder Frühschicht, doch ein herrlicher Morgen entschädigte. Es ging von Canakkale hinaus in die zweite Dardanellen-Etappe. Als Tagesziel war der Hafen Karabiga an der asiatischen Küste des Marmarameeres geplant. Er dürfte für die später am Tag anstehende Wetterlage mit kräftigem Südwind guten Schutz bieten. Kurz nach dem Ablegen kam auch schon ein fast 400 Meter langer Containerfrachter der MSC entgegen. Diese riesigen Ungetüme beherrschen heute die Seefahrt und bewegen ungeheure Frachtmengen rund um die Welt.

Nach der nächsten Biegung kam der Ruf des Skippers: „Da vorne ist doch eine Brücke? Im Heikel ist mir da noch nichts aufgefallen!“.

Der Führer von Rod Heikell, dem Kenner aller Meere, wurde aufgeschlagen und tatsächlich stand da „proposed bridge“. Rod Heikell ist neuseeländischer Verfasser von Hafenhandbüchern rund um den Globus. Auf der neuesten Ausgabe des vorerst nur in englisch erhältlichen Turkish Water & Cyprus Pilot steht nun nicht nur Rod sondern auch Lucinda Heikell. Christian hatte dazu so seine Vermutungen. Nun war aber die Brücke tatsächlich nicht nur proposed, sondern tatsächlich finished.

Eine Internetrecherche ergab, dass es die derzeit längste Hängebrücke der Welt mit 3.869 m Gesamtlänge sein sollte. Stützweite 2.023 m, Pylonhöhe 318 m und für uns wichtig, 70 m Durchfahrtshöhe, das würde wohl reichen.

Die Eröffnung erfolgte ziemlich genau vor einem Jahr und damit war sie tatsächlich noch taufrisch. Die genaue Bezeichnung der Brücke ist 1915 Canakkale Körprüsü und nimmt Bezug auf die Schlacht von Gallipoli im ersten Weltkrieg, in dem das osmanische Reich die anstürmenden französischen und britischen Truppen besiegte. Der Heerführer war ein gewisser Mustafa Kemal Pascha. In einem Bericht zur Schlacht heißt es, dass sein Befehl lautete: „Ich befehle Euch nicht anzugreifen, ich befehle Euch zu sterben!“. Spätere schaffte dieser das osmanische Sultanat ab, für das seine Soldaten zu sterben hatten und gründete die moderne Türkei. Dafür erhielt er den Beinamen Atatürk – Vater der Türken. Übrigens – die Australier, welche die El Greco Crew in Bozcaada getroffen hatte, wollen die Kriegsgräber von Gallipoli besuchen. Die Briten schicken nämlich die Soldaten aus den damaligen Kolonien Australien und Neuseeland hierher zum Sterben!

Nun hatte die El Greco schon das Marmarameer erreicht. Die Küste war nun weniger pittoresk, Bergwerksgebäude und ein großes kalorisches Kraftwerk standen da. Kurz vor Karabiga hatte der Wind kräftig auf Süd gedreht und wir glaubten kurz vor den Osterinseln zu sein. Es waren aber nur markante Felsformationen.

In Karabiga standen bereits ein paar Männer am Kai und winkten uns herbei. Längsseits gingen wir neben einem Gebäude an einen mit alten Autoreifen bewehrten Kai  mit den Bügen in den Wind. Gut abfendern war angesagt, um nicht hartnäckige Reifenspuren an der Bordwand der El Greco zu bekommen. Es war nun trotz Wind recht warm geworden.

Die Erkundungen im eher trostlosen Ort zeigten sich wenig erfolgreich. Felix kaufte das letzte Baklava zusammen, das er da noch in einem Laden fand – sein Zuckerspiegel war anscheinend schon wieder stark gesunken. Die Versuche ein Lokal zu finden scheiterten kläglich, bis uns endlich jemand aufklärte, dass Ramadan sei. Da würde wohl kochen an Bord angesagt sein.

Zurück an der Anlegestelle erwartete uns ein Mann mit einem Handy in der Hand, auf welchem mittels Google Übersetzer stand: You have to leave the harbour immediately! Hatten uns die Fischer freundlich anlegen lassen, so vertrieb uns der Hafenkapitän nun ziemlich unfreundlich. Damit muss man als Segler wohl immer wieder einmal leben. Gabi und Lisa waren dann über diese Art der Gastfreundschaft doch ziemlich unrund. Ich versuchte in ungewöhnlich ruhiger Art ihnen zu erklären, dass man mit so etwas zu rechnen hat. Meine Bemühungen waren aber auch nicht hilfreich. Es wurde weiter gemosert! Felix aber hatte schon eine Ankerbucht auf der Insel Pasalimani Adasi, in der wir vor den Südwinden geschützt sein sollten, ins Auge gefasst: 12 Meilen, das sollte noch bis zum Abendessen und vor Sonnenuntergang zu schaffen sein. Essen darf man im Ramadan ja ohnehin erst nach Sonnenuntergang.

Der Anker fiel und erledigte seinen Job bestens. Als der Muezzin auf der Insel rief und damit das Zeichen zum Fastenbrechen gab, hatten die Ungläubigen auf der El Greco schon bestens gespeist.

Gegen 22 Uhr schliefen der Wind und die Segler selig ein.

Christian 



Freitag 31.03.2023: von Bozcaada nach Canakkale in den Dardanellen
 

Heute keine Frühschicht. Bis alle aus den Kojen gekrochen kamen, war auch mein Bericht zum Vortag schon fertig. Nach dem Frühstück, am Liegeplatz längsseits in Bozcaada, ging es bei knapp 20 Knoten Wind aus SSO mit dem Gennaker in Richtung der Einfahrt zu den Dardanellen. Mit 7 bis 8 Knoten Fahrt rauschte die El Greco dahin und die Welle schob auch noch ein bisschen von hinten nach.

Am Eingang der Dardanellen musste das große weiße Segel herunter – in den Dardanellen ist Segelverbot. Grund ist die viele Großschifffahrt in einem Verkehrstrenngebiet. In Richtung zum Marmarameer fahren die Schiffe an der asiatischen Seite und umgekehrt an der europäischen.

Die El Greco musste außerhalb dieses Verkehrstrenngebietes an der asiatischen Seite mehr unter Land bleiben. Der Vorteil war, dass hier, anstelle das starken Gegenstroms in der Hautfahrtrichtung, sogar ein leichter Neerstrom mithalf und der Speed somit auf über 8 Knoten anstieg. Der Südwind half natürlich auch noch ein bisschen dazu.

An den Engstellen, insbesondere aber auch kurz vor Canakkale, musste dann doch etwas gegen den Strom angekämpft werden. Es war aber, wie ich mich gut erinnere, im Vergleich zu meiner ersten Fahrt in den Dardanellen im Rahmen der YCBS-Odyssee wesentlich weniger. Zugegeben hat Felix natürlich auf seiner El Greco mit den beiden Motoren doch einige Pferchen mehr zur Verfügung.

Der Liegeplatz in Canakkale, direkt vor dem Marinagebäude im Süden, schützte perfekt gegen den noch immer mit über 20 Knoten wehenden Wind. Dass dieser aus Süden kam, war leider an der Temperatur nicht wirklich zu spüren.

Nun musste zuerst das berühmte Trojanische Pferd aus dem Film Troja besichtigt werden. Es steht hier, weil von Canakkale aus am leichtesten ein Ausflug zu den antiken Ruinen organisiert werden kann. Windrichtungsbedingt war dies aber für diesmal nicht sinnvoll, da der anhaltende Südwind empfahl, ihn für die weitere Fahrt durch die zweite Hälfte der Dardanellen zu nutzen.

Stattdessen konnte ich Felix überreden, mit ihm den geplanten Barbierbesuch zu machen. Sein Bart sollte ab, was Felix aber von seiner Gabi eindringlich verboten wurde.
Deutlich verschönert und ich angeblich sogar verjüngt – man kann sich ja was einbilden – kamen wir beide, umgeben von einer leichten Duftwolke, zum Schiff zurück. Ich startete eine Umfrage bei anwesenden und über WhatsApp verbundenen Damen und das Ergebnis war nicht wirklich eindeutig. Die Kommentare gingen von „fescher, jünger“ bis „weniger gut“ und „anders bist schöner“.

Meine Frau Ingrid meinte sogar „ungewohnt“ und auf nachhaken obendrauf „runderneuert“. Es war also nichts damit anzufangen. Heimkommen muss ich ohnehin wieder mit Gesichtbewuchs, weil auch das Passfoto mit Bart ist.

Das Abendessen erfolgte in einem der ältesten Lokale von Canakkale in einem Wintergarten, wo die Sonne richtig schön hereinwärmte und der Schiffsverkehr wunderbar zu beobachten war.

Im 1. Stock konnte man die Speisen auswählen, die dann in unzähligen kleinen Schälchen, von Oktopussalat über Makrelenfilet, unterschiedlichen Salaten und unbekannten weiteren Spezialitäten serviert wurden. Es war ein ah und oh, begleitet von manch launigen Bemerkungen, die wiederum ihre Reaktionen hervorriefen. Ein wunderbarer Abend.

Am Rückweg konnte Felix nicht an der Konditorei gegenüber der Marina vorbei. Anscheinend hatte er Angst, dass ansonsten Unterzucker bei ihm ausbrechen würde.
Am Schiff gab es noch eine Lese- und Absackerrunde. Zudem wurde tüchtig eingeheizt, denn draußen war die Temperatur unter 10 Grad gesunken. Der Wind sang im Rigg, als alle früh in die diesmal warmen Kojen gingen, denn morgen sollte es wieder Tagwache 06:30 für den zweiten Teil der Dardanellen heißen.

Mast- und Schotbruch                  Christian – der Runderneuerte!



Donnerstag 30.03.2023: von Ayvalik nach Bozcaada
 

06:30, das kennen wir schon, war Tagwache auf der El Greco. Zirka 50 Meilen nach Bozcaada standen am Plan. Ich schlüpfte unter meinen zwei Steppdecken hervor, denn nur Deppen frieren unter einer bei Frühtemperaturen von 8 Grad. Dann kam auch gleich Felix aus seiner Kabine.  Die Sonne war noch nicht zu sehen, aber es gab eine wunderbare Morgenstimmung und gerade genug Licht, um den Anker zu bergen. Kein Windhauch regte sich und die Kette hing senkrecht ins Wasser. Mit dem regelmäßigen Knacken der Ankerkette kam auch der Bügelanker an die Wasseroberfläche. Er benötigte eine ordentliche Waschung.

Als die Sonne aufging hatten wir schon die enge Ausfahrt aus Ayvalik hinter uns. Mit uns waren nur ein paar kleine Fischerboote unterwegs, die unsere Grüße mit Armwinken herzlich erwiderten.

Am Nordosteck von Lesbos schnitt Felix etwas in das Seegebiet der Griechen ein und holte sicherheitshalber die türkische Gastlandflagge nieder. Dafür hatten wir griechisches GSM-Netz und der Bericht vom Vortag konnte ohne Roamingkosten hinausgehen. Küstenwache war zum Glück keine zu sehen. Kurz vor dem Leuchtfeuer Baba am gegenüberliegenden türkischen Südwestkap ging die Gastlandflagge wieder hoch und nach der Rundung war Nordkurs Richtung Bozcaada angesagt.

Zwischenzeitlich wurde bei ruhiger See und beruhigend laufenden Motoren das Frühstück im Salon eingenommen. Tee, Kaffee, Käse, Eier, Schinken, Wurst, …, also richtig festlich gings da zu, auch wenn erst Donnerstag war. Alles war schon wieder abgewaschen und weggeräumt als plötzlich laut schallendes Lachen von Felix zu hören war. „Das musst Du dir ansehen“, rief er mit Fingerzeig auf den Plotter, „das schaut aus, als würden die Griechen neuerlich Troja belagern!“. Tatsächlich, südlich von Bozcaada, jener Insel hinter der sich die griechische Flotte versteckte, als sie das Trojanische Pferd zurückgelassen hatten, waren am AIS, dem Schiffsidentifikationssystem, eine Unzahl von Schiffen auf Reede zu sehen. Die Griechen versteckten sich zwar westlich von Bozcaada, damals griechisch Tenedos genannt, damit sie vom Festland aus nicht gesehen werden konnten. Lediglich ein gewisser Laokoon sollte den Trick erkannt haben. Was ihm und seinen Söhnen deshalb aber passierte, das ist mittels einer sehr bekannten Statue, die in den vatikanischen Museen zu bewundern ist, zu sehen.

Während des Beobachtens der stattlichen Flotte an Handelsschiffen die da lag und auf Aufträge oder Einlass in die Dardanellen wartete, waren wir auch schon in der Hafeneinfahrt. Der Hafenmeister winkte und wir gingen in den westlicheren Hafenteil direkt vor die noch in Frühjahresvorbereitung befindlichen Lokale. Wir legten längsseits an. Der gut englisch sprechende Hafenmeister übernahm die Leinen und man erkannte, dass er eine Ahnung hatte von dem, was er tat.

Weniger einfach war dann die Verständigung mit der Küstenwache, die diesmal mit dem Auto vorfuhr. Zwei junge fesche Burschen ohne einen Tau von Englisch. Was sie von uns wollten, konnten wir wieder nur mit Hilfe unseres Telefondolmetschers Bekir erfahren. Schlussendlich gings darum, dass wir kein Abwasser ins Meer lassen dürften und unsere Tanks an den Absaugstellen zu leeren hätten. Der neben uns mit einem riesigen Motorkatamaran liegende Australier, der schon länger in der Türkei unterwegs war, erzählte uns, dass bisher alle Absauganlagen, die er angelaufen hatte, defekt waren. Ich sagte dazu nur „Furschrift ist Furschrift“, was natürlich für den Australier wiederum wie türkisch klang.

Die beiden Burschen zogen ab und das australische Paar kam zu uns an Bord um zu sehen, welche Marina wir in Istanbul reserviert hatten. Es ist die Ataköy Marina auf der europäische Seite. Kosten für uns 330 Euro je Tag! Felix hatte schon online 41.000 türkische Lira angewiesen, als er bemerkte, dass die Anweisung auf Euro lautete. Sein Banker war leider nicht zu erreichen und die Hotline der Sparkasse meinte, das Geld sei schon weg und er müsste selbst schauen, wie er es wieder zurück bekommen könnte. Ich konnte über das ruhige Telefonat nur staunen. Schlussendlich hatte doch die Bank die Überweisung nicht durchgeführt, weil sie von sich aus schon einen Fehler vermutete.

Nun konnte sehr beruhigt zum Abendessen geschritten werden. Der Hafenmeister hatte uns das Lokal, vor dem wir lagen, bestens empfohlen und die Empfehlung war perfekt. Beim Betreten des Lokals begrüßte uns schon ein gut geheizter Ofen und davor der in der Länge voll ausgestreckte Oberchef, der Haushund. Wir bekamen einen Tisch im wärmsten Eck und es gab herrliche Vorspeisen und danach Fisch. Als Aperitif nahm ich gleich einmal einen Raki und der Abend wurde noch sehr lustig, denn an Bord ging es noch ein bisschen weiter, bevor es unter die Steppdecken ging.

Christian



Mittwoch 29.03.2023: In Ayvalik
 

02:30 – der Ankeralarm pfeift. Draußen pfeift es mit 35 Knoten aus Nord. Mit Höchstgeschwindigkeit geht’s für Felix und Christian aus dem warmen Bett ins kalte Ölzeug. Volle Montur ist angesagt. Die Haube mit eingebauter Beleuchtung leistet jetzt wertvolle Dienste. Während der Regen wie mit Eiskristallen ins Gesicht schlägt muss erst einmal der slippende Anker hochgeholt werden. Dabei arbeiten beide Maschinen mit 2000 Umdrehungen gegen die Windstärke 8 an. Der Anker kommt und die Vermutung dass er sich aufgrund der Winddrehung von West nach Ost nicht mehr voll halten konnte, bestätigt sich. Er ist voll mit Schlick. Nach der Reinigung wird er neuerlich gesetzt und 60 Meter Kette gesteckt. Die ungefähr über eine Stunde durchgeführte Beobachtung über den Ankeralarm und eine Track-Aufzeichnung bestätigen, dass er nun hält. Um 03:30 fallen die Augen wieder zu, die Ohren aber bleiben offen.

Am Morgen war die Windstärke dann auf 25 Knoten gesunken und die Sonne wärmt nun schwach bei etwa 8 Grad. Es ist …kalt. Frühstück an Bord. Es gibt ein weiches Ei – wunderbar. Die Heizung läuft, die Kaffeemaschine läuft, der Generator läuft, das Schiff steht. Alles im grünen Bereich.

Zu Mittag fällt der Entschluss, in die Nähe der Marina zu gehen, um dann mit dem Beiboot an Land zu kommen. Gebraucht wird ja unbedingt eine türkische SIM-Karte, damit auch weiterhin möglichst aktuell informiert werden kann. Es geht aber auch um den Wetterbericht. Außerdem sind die Einreisepapiere nur per E-Mail verfügbar und die wären gut, wenn diese nun auch an Bord für Überprüfungen verfügbar wären.

Nachdem der Anker auch vor der Marina sofort gut griff, warf nun Felix sein neues Beiboot mit Jetantrieb an und es ging – allerdings in langsamer Fahrt, bedingt durch die kabbelige See – in die Marina. Dort wurde er schon erwartet und erhielt sogar einen Ausdruck der Papiere.

Next Stopp Kaffeehaus: Frappe, Kaffee, und ich nahm Cey – man muss sich ja doch etwas anpassen. Die Debit Card funktionierte, auch beim Zahlen und danach am Bankomat. Jede Menge 100er kamen aus dem Ausgabeschlitz. Der Kurs lag aktuell bei 21 türkischen Lira für einen Euro. Bei 50% Inflation änderte sich der Kurs ja fast laufend.

Die Anschaffung der SIM Card war aber dann mit Komplikationen verbunden. Die zwei Damen im ersten Vodafon Shop – beide ohne Kopftuch – waren nicht in der Lage eine unserer Passdaten im System zu finden. Englisch? Fehlanzeige bei ihnen und bei uns natürlich türkisch. Ein Lichtblitz bei mir flackerte auf und ich rief meinen Mitarbeiter Bekir an. Auf die Frage wie gut er türkisch spricht meinte dieser: „besser wie deutsch“ und dazu muss gesagt werden, dass er deutsch und sogar innviertlerisch hervorragend spricht. So übergab ich das Telefon an die Damen und es wurde mir dann erklärt wir wären nicht ordnungsgemäß registriert und sollten noch einmal zum Zoll in den Haupthafen gehen. 

So, nun gingen alle den gleichen Weg wie ich als Ausgesetzter am Tag zuvor. Es wurde dabei festgestellt, dass ich doch mit der Länge meines Fußmarsches etwas übertrieben hatte.

Am Zoll fanden wir einen sehr freundlichen und sehr gut englisch sprechenden jungen Polizisten, der uns zeigte, dass wir sehr wohl richtig registriert wären.
Also zurück, aber zum anderen Vodafon Shop auf der anderen Straßenseite. Am Weg dorthin stellten wir fest, dass am Braunauer Stadtplatz mehr Frauen mit Kopftüchern zu sehen sind, als hier entlang dem Atatürk Boulevard. Im Shop konnte jemand englisch und wir erhielten problemlos die 20 GB SIM-Karte aktiviert und sie funktionierte auch.

Unsere ebenfalls unbekopftuchten Damen hatten bereits ein Lokal gefunden und in Beschlag genommen, es war zwischenzeitlich Abendessenszeit geworden. Die Karte hatte zum Glück auch Bilder, weil mit türkisch wie gesagt … .

Das Essen war ausgezeichnet und auch überreichlich. Nach dem Einkauf im Supermarkt ging es vollgepackt und vollgegessen mit dem Beiboot zur El Greco zurück.

Nachdem das Lokal tatsächlich keinen Alkohol angeboten hatte, nahmen wir anstelle an Land ein Efes nun an Bord eben ein Mythos – gefolgt von Ouzo anstelle Raki – ein. Der Katamaran lag ruhig, die See war friedlich und so konnten wir eine diesmal sehr stille aber kalte Nacht erwarten. Ich, der als besonders kälteempfindlich gilt, hatte schon 2 Steppdecken und eine Wolldecke dafür in Beschlag genommen. 

iyi geceler!

Anmerkung der Redaktion: Na, dann auch Gute Nacht! Unter einer Steppdecken kann nur ein Depp stecken !


…..



Dienstag 28.03.2023: Von griechischen Lesbos zum türkischen Ayvalik
 

In der Nacht waren schon am Himmel die Zeichen der nahenden Türkei durch einen ganz ausgeprägten liegenden Halbmond zu sehen.

Endlich ausschlafen, aber um 08:30 wäre es doch einmal Zeit aufzustehen, die Patisserie des Bäckers hätte ja bereits seit einer halben Stunde offen. So gegen 09:15 waren dann alle marschbereit.

Im Kaffeehaus gab es alles, was das Leckermaul begehrte. Felix begann mit einer Griechischen Knödelplatte und setzte die kleine Morgenstärkung mit einem ordentlichen – bei uns daheim wohl als Batzbunkel bezeichneten – Tortenstück fort.

Beim Rückweg zum Schiff passierten wir noch eine Sonnenuhr, an der auch die Zeitgleichung zur Errechnung der tatsächlichen genauen Zeit angebracht war. Die zusätzliche Stunde für die Sommerzeit musste man sich aber selbst dazurechnen.

Jetzt war ausklarieren angesagt. Also ablegen vom Fischerkai und vorerst Fahrt zum Diesel nachfassen in die Marina, wo ein Tankwagen geordert war. Die Nacht hatte ordentliche Spuren an den Fenderkleidern hinterlassen. Diese hingen teilweise nur noch in Fetzen an den Prellhelfern, welche nun verschämt sehr viel weiße Haut zeigten. Nach 290 l Dieselfüllung ging es hinüber zum kombinierten Frontex/Polizei-Kai.

Felix marschierte zur Polizei. Nach ungefähr einer Viertelstunde kam der Anruf, dass diese die ganze Crew sehen wolle. Die Passkontrolle dauerte. Der visuelle Augen-Scan war dann viel langsamer als mit einem elektronischer Scanner, der hier nicht vorhanden war. Nun zum Hafenkapitän, um einen Häuserblock herum und über eine enge und steile Treppe in den 3. Stock – Lift? Fehlanzeige. Eine sehr schlanke, sehr streng blickende uniformierte junge Dame nahm die Pässe und Schiffsdokumente an sich und ließ uns direkt vor einer sicher aus dem 19. Jahrhundert stammenden Gefängniszelle warten. Zwei Wartestühle, deren ehemalige Kunstlederbespannung nun deren Innereien verriet, standen bereit. Die wartende Crew zog das Stehen der Füße in den Bauch vor. Ein männlicher, ebenfalls uniformierter Adlatus kam nun dazu. Er erhielt vom uniformierten Strich in der Landschaft ein Formblatt überreicht und das Ausfüllen in maschinengewehrartigen Wortsalven aufgetragen. Es dauerte. Ich überlegte kurz, mich derweil in die Gefängniszelle zu legen. Der Blick hinein hielt mich dann aber doch von dem Vorhaben ab. Nach einiger Zeit erschien nun auch eine, das Gewichtsdefizit der ersten Uniformierten ausgleichende, ebenfalls uniformierte Hafenkapitänin. Sie lächelte freundlich und schon geriet die Amtshandlung in Fahrt. Mit allen Stempeln ging es nun noch zum Zoll. Der Zöllner telefonierte gerade und ausführlich. Es war dann doch nichts zu verzollen.

Ablegen und Richtung Türkei. Der Wind frischte wieder auf und so ging es zügig über die Seegrenze. Die Einfahrt nach Ayvalik war eng, aber sehr gut betonnt. Innen öffnete sich eine große Bucht. Die Marina konnte nicht angelaufen werden, da alle Fischer wegen des zu erwartenden Starkwindes in der Straße von Lesbos dort Schutz suchen wollten. So musste der Haupthafen angelaufen werden.

Die Küstenwache grüßte freundlich, als wir vorbeifuhren. Am vermuteten Ort des Haupthafens wurde ich zur Übernahme der Heckleinen abgesetzt und Felix ließ etwas weiter draußen den Anker fallen. Ein Schlauchboot der Küstenwache tauchte auf und erklärte, dass der Anker sofort zu bergen sei und die El Greco deutlich weiter nordöstlich anzulegen hätte. Dass Felix aber Probleme mit seinem Backbordpropeller hatte, das begriff dieser erst, als ihm dieser seine Taucherbrille zeigte.

Das alles wurde von Land aus aufmerksam von mir verfolgt. Mein Handy hatte ich vorsichtshalber wegen negativer Erfahrungen mit der Verbindung von Elektronik und Salzwasser an Bord gelassen und so konnte ich nur aus der Pantomime des Skippers erahnen, was da los war. Felix fische einen Plastiksack, welchen er aus dem Propeller geschnitten hatte, heraus und zeigt diesen triumphierend dem Schlauchbootfahrer und auch in meine Richtung. Nach seiner Trockenlegung holte er den Anker hoch, deutete in die Richtung, in die er zu fahren gedachte und war ums Eck verschwunden.

Ich, an Land im türkischen Ayvalik ohne Pass, ohne Geld und ohne Telefon, ging auf der Hauptstraße in die gleiche Richtung. Das Meer war immer nur kurzfristig mittels Blick in eine Seitengasse zu sehen. Nach mehreren Seitengassen musste ich doch einmal zum Meer hinunterlaufen, um vielleicht noch einen letzten Blick auf die El Greco erhaschen zu können. Ich konnte sie dann gerade noch, bereit rund 2 Meilen weiter, in voller Fahrt entdecken. Das kann ja lustig werden, dachte ich. Nach zirka 4 bis 5 Kilometern Fußmarsch sah ich sie dann wieder an einem Molenkopf neben einer Reihe von Fährschiffen liegen.

Das dürfte also der Haupthafen sein, mutmaßte ich richtig. Ein großes Gebäude mit getönten Scheiben und daneben Zäune fand ich dort vor. Also ging ich hinein, wo auf Türkisch und sogar Griechisch Eingang stand. Gepäckscanner und unbesetzte Passkontrollkabinen standen hier. Felix bemerkte mich sehr erleichtert und ich stieß völlig unbemerkt von den Offiziellen zur Crew auf der anderen Seite der Passkontrolle.

Das Prozedere dauerte wieder – und lange. Eine Agentin aus der Marina kam nun endlich an. Sie war die einzige, die Englisch sprach. Mit der Zahlung aller Gebühren dauerte es eine geschlagene Stunde. Nichts wie weg von der Bürokratie. Mangels Platz in der Marina wurde die sehr pittoreske Kennet Koyu aufgesucht und der Anker gegen den moderaten Westwind mit 45 m Kette gesetzt.


Die Damen legten sich ins Zeug. Es gab leicht scharfe Nudeln, griechischen Salat und als Nachspeise Mäuse, deren Füllung bzw. Überzug aus Schokolademus bestand. Die Lobgesänge der Männer übertönten das Singen des nun auf über 20 Knoten aufgefrischten Windes.

Sicherheitshalber wurde der Ankeralarm gesetzt und dann die Kojen aufgesucht.

MuS

Christian
…..



Montag 27.03.2023: Von Chios nach Lesbos 


06:30 war wiederum Tagwache und um 06:45 ging auch der Anker praktisch gleichzeitig mit der roten Sonnenscheibe hoch. So sollen Segeltage beginnen. Zwei Männer an Deck und zwei Frauen in den Kojen.

Dann bekamen wir aber auch schon Besuch. Ein Schnellboot umkreiste uns in einer spektakulären Steilkurve und die beiden Gashebel gingen in Neutralstellung.

Die Fragen: last port, next port und nationality wurden umgehen von Felix  mit Chios, Lesbos richtig, aber mit Austrian nicht korrekt, beantwortet, weil doch die bayerische Lisa mit an Bord ist. Es tat der Amtshandlung aber keinen Abbruch, weil eine tiefergehende Kontrolle nicht durchgeführt wurde und die Gashebel wieder in Normalstellung gingen.

Aber nicht für lange! Schaumkronen und eine steife Brise von achtern ließen zuerst den Blister, richtig eigentlich den Code-Zero, hoch gehen.

Nicht viel später folgte dann die neue Genua zum perfekten Test des Passatsegelns am Atlantik. Die Welle schob mit und so tanzte die El Greco sehr schnell dem Ziel Lesbos entgegen.


Kurz nach 14 Uhr war Mytilini erreicht. In den Hafen stand der Wind voll herein und das Festmachen an der Nordmole scheiterte – zum Glück, denn der Südwind mit 25 Knoten blies den ganzen Tag weiter. Eine freie Stelle längsseits zwischen den Fischern, wo es deutlich ruhiger war, wurde schließlich unser Liegeplatz. Das „ruhiger“ bezog sich mehr auf die Schiffsbewegungen, denn auf das Geräusch der Fender und Leinen, aber das wurde mehr ein Problem für Lisa, die im Steuerbord-Rumpf ihre Kabine hat.

Stadtbesichtigung mit Kaffeehausbesuch und Einkauf standen nun am Programm. Unsere Damen durfte ich zwischendurch zusammen mit Sappho fotografieren, der berühmten antiken Dichterin, welche hier in Mytilini auf Lesbos geboren wurde und wirkte.

Das Abendessen in einem urigen Lokal und eine gemütliche Abendrunde an Bord sorgten für die notwendige Bettschwere, um die Knarrgeräusche an Bord nicht mehr störend zu finden.

Mast- und Schotbruch       

Christian



Sonntag 26.03.2023: Von Samos nach Chios  

Genau um 06:30 meldete sich der Wecker und Felix, unterstützt von mir, begann das Tagwerk. Die Damen waren vom Dienst befreit, meinte doch Felix, er könne das ohnehin alleine auch. Der Morgen war noch jung, aber das erste Licht hinterließ schon eine wunderbare Stimmung. Der Hafen war völlig ruhig und kein Windhauch rührte sich.

So war auch schnell losgemacht und die El Greco glitt hinaus in die Ägäis, um sich sogleich (scharf beobachtet von der türkischen Küstenwache), immer bedacht die Seegrenze nicht zu überschreiten, um das östliche Eck von Samos herumzuschleichen. Hieß nun doch der nächste Hafen nicht Kusadasi in der Türkei, sondern Chios auf der gleichnamigen griechische Insel im Norden. Einen ersten Kaffee hatte man sich also schon verdient. Gabi und Lisa schliefen noch.

Die Küstenwache war schon außer Sichtweite, als nun gemütlich, sonnenbeschienen und gewärmt, das Frühstück im Wintergarten eingenommen wurde. Dann wurde es ungemütlich. Felix packte seinen Hochdruckreiniger aus, weil doch der letzte Regen einiges an Saharastaub abgeladen hatte. In kurzen Hosen und barfuß gings ans Werk und der Frühjahresputz ehrte witterungsmäßig auch ein wenig seinen Namen.

Die Gerätschaften wieder gut weggeräumt, erschallte ein Ruf, welcher alle Frauen, aber auch Männer (nur sie geben es nicht zu), in Verzückung versetzte: „Delphine“! Eine ordentliche Schule hatte sich neben und vor dem Schiff versammelt. Manche überholten spielend mit kaum sichtbarem Flossenschlag, nach dem Motto „Was, ihr schafft nur 10 Knoten?“, sprangen aus dem Wasser oder tauchten unter den Rümpfen durch. Es ist immer ein Genuss diesen eleganten Meeressäugern zuzusehen.

Gabi und Lisa postierten sich an den Spitzen der beiden Rümpfe – praktisch als Gallionsfiguren. Ein letzter in der Schule – sicher ein Männchen – konnte dann von den beiden nicht ablassen und führte förmlich einen Veitstanz von einem zum anderen Rumpf aus, so als könne er sich nicht entscheiden, welche der beiden er mehr faszinieren sollte. 

Am frühen Nachmittag zeigten sich dann Schaumkronen und bei etwa 17 Knoten Wind gingen die Segel hoch. Richtung Chios kam dann die türkische Grenze wieder sehr nahe und teilweise war zu befürchten, dass die griechische Gastlandflagge an der Steuerbordsaling vielleicht schon in der Türkei war. Die Küstenwache zeigte sich da aber nicht, sondern nochmals eine Delphinschule, die aber schnell auch wieder Richtung Türkei abtauchte. Vielleicht waren es auch nur abgerichtete Grenzwächter des „befreundeten“ Natopartners.

In Chios fand sich dann eine Liegeplatz im südwestlichen Eck des Hafens in unmittelbarer Nähe der Cafes und der palmengesäumten Promenade.

Ein frühes Abendessen und eine Absackerrunde auf der Flybridge mit Blick auf Hafen und Promenade beendeten einen schönen ersten Seetag. 

Der nächste Morgen sollte wegen neuerlich etwas über 60 Meilen Strecke nach Lesbos ja auch wieder früh beginnen, aber das sollte der Schreiber der Zeilen ja noch nicht verraten – das wird erst im nächsten Bericht erzählt!

Mast- und Schotbruch       Christian
….


….

Samstag 25.03.2023: Anreise nach Samos

Nachdem Felix’ El Greco pünktlich mit der juniorigen Nagy-Crew samt Begleitung (aus einem ehemals eher unerfolgreich kurz habsburgisch regiertem Mittelamerikastaat) auf Samos eingelaufen war, stand nun dem Crewwechsel fast nichts mehr im Wege.

Wie gesagt, fast nichts mehr, außer der Anreise von Lisa und mir. Felix hatte einen anspruchsvollen Flug von München mit zwei Zwischenlandungen und Umstiegen in Thessaloniki und Athen nach Samos gebucht. Da dabei das ebenfalls pünktlich erwünschte Eintreffen des Gepäcks sehr fraglich war, ging Lisas „SPÖ-Koffer“ mit der Vorcrew bereits mit aufs Schiff. Die Bezeichnung des besonderen Koffers erwies sich im Nachhinein als sehr treffend, weil dieser nicht nur rot, sondern auch mit ihren und auch meinen Sachen gepackt war und damit „geteilten“ Inhalt hatte. So waren wir beide nur mit Handgepäck unterwegs, was sich bei den recht kurzen Umstiegszeiten als sehr hilfreich erwies.

Gleich zu Anfang verspätete sich der Abflug schon einmal eine halbe Stunde, weil die Maschine (Lufthansa) gewechselt werden musste. Der Umstieg in Thessaloniki war damit schon einmal denkbar unsicher.

Eine Mitfliegerin, die ebenfalls umsteigen musste, wurde dabei besonders unrund. Ich, der alle Selbstbeherrschung zusammennehmen musste, konnte sie ganz entgegen meiner üblichen Art, aber tatsächlich beruhigen. Schlussendlich saßen wir aber sowohl in Thessaloniki (Aegean) wie auch in Athen (Olympic) rechtzeitig im richtigen und pünktlich abhebenden Flieger. Dass es nach Samos, dem Geburtsort des Mathematikers Pythagoras, ging, erkannte man sofort am typisch griechischen Profil der Stewardess, welches ein perfektes rechtwinkeliges Dreieck darstellte.

In Samos führte uns nach Abladen des Gepäcks der Weg sofort in das gegenüberliegende Kaffeehaus auf ein Bierchen.

Danach eröffnete Felix den geänderten Törnplan. Nachdem am Montag laut Prognose ein kräftiger Südwind mit bis 30 Knoten anstehen würde, sollten wir Meilen nach Norden machen. Damit war aber Kusadasi und Ephesos gestorben. Dafür könnten wir aber dann weiter im Norden Pergamon besuchen.

Tagwache wird am Sonntag 06:30 sein – hoffentlich hat der Skipper dabei bedacht, dass das auch noch Sommerzeit sein wird. 

MuSb       Christian am Weg nach Chios (70nm) 

…..


Im Frühjahr 2023 eingewebt by Ante !